So viel Potential steckt im Holz
SO VIEL POTENTIAL STECKT IM HOLZ
Um die Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen, müssen wir neben unserer Art zu leben auch die Form des Wirtschaftens neu denken. Der Weg führt uns weg von Produkten aus fossilen, hin zu Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen. Das Ziel dieser natur-orientierten Wirtschaftsform heißt „Bioökonomie“.
Eine Hitzewelle jagt die nächste, die Böden sind trocken, der Wald ist vom Borkenkäfer bedroht. Der Klimawandel ist real und wir spüren ihn mittlerweile alle. Die Lösung kennen wir, doch fällt es uns schwer zu akzeptieren, dass wir unsere Gewohnheiten verändern müssen. So wie wir Menschen unseren Lebensstil neu denken müssen, genauso muss sich unser heutiges Wirtschaftssystem ändern. Wir müssen weg von einer Gesellschaft, die auf fossilen Rohstoffen fußt und diese bis zum Exzess nutzt. Die Wirtschaft der Zukunft basiert auf nachwachsenden Rohstoffen, die möglichst sparsam und nachhaltig genutzt werden. Die Vision dieser Wirtschaftsform heißt Bioökonomie.
Bioökonomie
„Die Transformation von einer marktwirtschaftlichen Erdöl-basierten Wirtschaft hin zu einer Marktwirtschaft, in der jedoch fossile Ressourcen durch verschiedene nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden.
(c) Wikipedia
DER WICHTIGSTE ROHSTOFF: HOLZ
Eine Wirtschaft mit rein biobasierten Produkten setzt die ausreichende Verfügbarkeit von nachwachsenden Rohstoffen voraus. Wobei eine der obersten Prämissen, die möglichst effiziente Nutzung dieser Rohstoffe sein muss. Denn auch erneuerbare Ressourcen sind nur beschränkt verfügbar beziehungsweise wachsen sie nur langsam nach. So braucht eine Fichte 80 bis 120 Jahre bis sie geerntet werden kann, eine Eiche sogar bis zu 300 Jahre.
In den letzten drei Jahren entsteht allerdings durch das hohe Schadholzaufkommen der trügerische Anschein als wäre Holz im Überfluss vorhanden. In Wahrheit zeigen sich im hohen Schadholzanfall durch den massiven Borkenkäferbefall leider die ersten Auswirkungen des Klimawandels. Die derzeit hohen Schadholzmengen wirken sich nämlich auch negativ auf die zukünftige Holzverfügbarkeit aus. Holz, das jetzt zuviel als Schadholz anfällt, wird in Zukunft irgendwann fehlen.
UNTER 600 HÖHENMETER WERDEN ES FICHTEN ZUKÜNFTIG SCHWER HABEN
Vor 100 Jahren wurde die ursprünglich im Gebirge heimische Fichte ins Tiefland verpflanzt. Nach 80 bis 100 Jahren konnte dann perfektes Rundholz (gerade gewachsen mit wenig Astlöchern) geerntet werden. Genau das wonach die Holzindustrie verlangte. So entstanden die dunkelgrünen Wälder, die heute weite Teile unserer Landschaft prägen.
Heutzutage setzt der Klimawandel der Fichte insbesondere in tiefen Lagen massiv zu. Zu wenig Regen schwächt die Fichte und zusätzlich steigen durch Trockenheit und Hitze die Borkenkäferpopulationen dramatisch an. Anstatt von zwei Generationen schaffen die Schädlinge drei bis vier Generationen.
Holz ist derzeit – insbesondere auch aufgrund seiner mengenmäßigen Verfügbarkeit – einer der wichtigsten erneuerbaren Ressourcen der Bioökonomie. Deshalb steigt auch die Nachfrage nach diesem wertvollen Rohstoff. Ob für Möbel, Verpackungen, im ökologischen Wohnbau oder als erneuerbarer Energieträger – Holz ist ein Alleskönner. Umso wichtiger ist es, jeden einzelnen Bestandteil davon optimal zu nutzen, nichts zu verschwenden. Jede einzelne Komponente bietet eine ganze Palette an Möglichkeiten für erneuerbare Produkte.
DIE PAPIERINDUSTRIE ALS CHAMPION DER BIOÖKONOMIE
Die Papierindustrie trennt seit jeher Holz in seine Bestandteile und erzeugt aus den Holzfasern Papier- und Faserprodukte. Diese können dann sogar mehrfach (Studien zufolge sogar 25 Mal) recycelt werden. Für die Zellstoffproduktion wird die Zellulose aus dem Holz herausgelöst. Dabei fallen Lignin und Hemizellulose als Reststoffe an. Diese dienen bereits jetzt der Herstellung von zahlreichen Nebenprodukten.
Sie dienen etwa als Ausgangsstoffe für die chemische und Nahrungsmittelindustrie. So kommen zum Beispiel die Essigsäure für Gurkerln, Vanillesgeschmack oder auch Geruchsstoffe für Parfums aus der Papierindustrie. Stoffe, die nicht mehr anders verwertet werden können, werden immer noch zu Ökostrom und -wärme. Damit liefert die österreichische Papierindustrie soviel Energie ins öffentliche Netz, dass damit der gesamte Energiebedarf (Strom und Wärme) von mehr als 100.000 Haushalten gedeckt werden kann.
DIE PAPIERINDUSTRIE – SO GEHT BIOÖKONOMIE
ES WIRD WEITERGEFORSCHT …
Aber die Papierindustrie ist mit ihren Möglichkeiten, Holz möglichst umfassend zu nutzen, noch lange nicht am Ende. Forscher:innen an der TU Graz forschen zum Beispiel derzeit an der Verwendung von Vanillin (das widerum aus Lignin gewonnen wird) in sogenannten Redox-Flow-Batterien. Derzeit kommen dort seltene Erden und Schwermetalle als Energiespeicher zum Einsatz. Die Redox-Flow-Technologie ist insbesondere für den Ausbau von erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarkraft wichtig, da sie Spannungsspitzen im Stromnetz abfedern kann. Außerdem eignen sich die Batterien als Backup-Speicher für stationäre Anwendungen wie Kraftwerke, Krankenhäuser, Mobilfunkanlagen oder E-Tankstellen.
Redox-Flow-Batterien sind aber auch weniger giftig, besser wiederverwertbar und feuerfester als Lithium-Ionen-Batterien.
Im Frühjahr 2019 wurde im Ministerrat eine nationale Bioökonomie-Strategie für den Umstieg in eine erdölfreie Gesellschaft beschlossen. Sie beleuchtet unterschiedliche Aspekte von Rohstoffaufbringung über Konversions-Technologien bis zu den gewonnenen Produkten (Lebensmittel, stoffliche Produkte, Energie) und identifiziert Handlungsfelder, die ein Aktionsplan konkretisieren soll. Die Papier- und Zellstoffindustrie wird in der Strategie als eines der wesentlichen Stärkefelder anerkannt. Handlungsfelder sieht die Strategie in der Entwicklung neuer Produkte aus Reststoffen und Nebenprodukten. Regionale Wertschöpfung und die Nutzung regionaler Ressourcen sollen im Vordergrund stehen. Auch soll die Ausbildungsqualität in bioökonomierelevanten Bereichen sichergestellt und verbessert werden.
Energieerzeugung aus Biomasse: Die Grenze der Bioökonomie
Die Energieerzeugung aus Biomasse ist auch bei aktuell niedrigen Rohstoffpreisen nicht wirtschaftlich. Sie muss also durch Förderungen gestützt werden. Aus ökonomischer Sicht, macht sie überhaupt nur Sinn, wenn dafür Holzsortimente oder -bestandteile verwendet werden, die nicht anders genutzt werden können. Welche das sind, sollte zukünftig auch gesetzlich geregelt werden.
Das Institut für industrielle Ökologie hat den Mehrwert von 100 kg Holz in einem Biomasseheizkraftwerk mit dem selben Holzeinsatz in der Papierindustrie verglichen. Das Ergebnis zeigt, dass mit der im Biomasseheizkraftwerk gewonnenen Energie ein vierköpfiger Haushalt 3,4 Wochen lang mit Energie versorgt werden kann. Beim Einsatz in der Papierindustrie erhält man durch die stufenweise Holznutzung (also indem man vorher Produkte herstellt und diese dann recycelt) eine Vielzahl nützlicher Produkte, die mehrmals wiederverwertet werden können. Zusätzlich kann aus den nicht mehr verwertbaren Reststoffen ein Haushalt 2,3 Wochen lang mit Energie versorgt werden.
Was kann man aus 100 kg Holz machen?
Stellt man den Einsatz von 100 kg Holz als Rohstoff in der Papierindustrie der Nutzung als erneuerbarer Energieträger in einem Biomasseheizkraftwerk gegenüber, wird schnell klar, wie wichtig die effiziente Nutzung ist.